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Begegnung in der Zone

Alois Federsel
Alois Federsel Unsere Stadt

Begegnungszonen sind modern geworden. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollen sie insbesondere der „Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Fußgängerverkehrs“ dienen (§ 76c StVO). Auch der entsprechende Leitfaden des Landes Salzburg legt den Schwerpunkt auf die Verbesserung für den Fußgängerverkehr: Sie dürfen die Straßenfläche gleichberechtigt wie Kraftfahrzeuge benutzen, was angeblich zu einer „Erhöhung der Aufenthaltsqualität der Fußgänger“ führt, sie dürfen den Fahrzeugverkehr, für den eine Geschwindigkeit von 20 kmh erlaubt ist, nur nicht „mutwillig“ behindern.

Aufenthaltsqualität

Wird die Begegnungszone im Ortszentrum von Seekirchen den Ansprüchen auf verbesserte Aufenthaltsqualität für Fußgänger gerecht werden? Und zur Flüssigkeit des Verkehrs beitragen? Eine wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren einer Begegnungszone sind gute Sichtverhältnisse, damit rechtzeitig Augenkontakt mit anderen Verkehrsteilnehmern aufgenommen werden kann, sowie ausreichend Platz, um ausweichen zu können. Was nützt es nämlich den Fußgängern, wenn sie zwar „gleichberechtigt“ die Fahrbahn benützen dürfen, aber die Gefahr von Kraftfahrzeugen, die sich mit 20 kmh – also weit über der Schrittgeschwindigkeit - nähern, nicht rechtzeitig erkennen können? Angesichts der örtlichen Verhältnisse drängt sich daher die Frage auf, ob die beengten Verhältnisse zwischen Untermarkt und Zaunerkreuzung die Grundvoraussetzungen einer Begegnungszone erfüllen. Wird sich die „Aufenthaltsqualität der Fußgänger“ erhöhen, wenn diese jederzeit damit rechnen müssen, dass Fahrzeuge beim Hofwirt mit 20 kmh um die Ecke kommen? Auch für Kfz-Lenker wird die Errichtung der Begegnungszone mangels Ubersichtlichkeit und Ausweichmöglichkeiten keine Entlastung bringen.

Verkehrslösung?

Die Idee einer Begegnungszone wurde verschiedentlich als Lösung für den dichten Verkehr im Zentrum, speziell zu Stoßzeiten, angeboten. Dazu muss man allerdings festhalten, dass sich am Verkehrsfluss und der Verkehrsdichte durch die Begegnungszone nichts ändern wird. Auch in Zukunft werden sich Busse oder LKW durchs Ortszentrum schlängeln und den Stau verursachen, der nicht die Aufenthaltsqualität erhöht, sondern Nerven kostet.

Fußgängerzone

Um die Verkehrslage zu verbessern, sollte man bereit sein, Ideen anzudenken, die zwar etwas radikaler im Ansatz sind, aber tatsächlich Veränderungen bringen würden. Dazu gehört etwa die Errichtung einer – zumindest zeitlich begrenzten – Fußgängerzone. Lieferanten und Zubringerdienste dürften zu bestimmten Zeiten, Anrainer immer die Fußgängerzone befahren, allerdings nur im Schritttempo! Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zur Begegnungszone. Erst wenn Fußgänger nicht mehr der Gefahr von Motorfahrzeugen auf enger Fahrbahn ausgesetzt sind, kann man realistischerweise eine deutliche Verbesserung der Aufenthaltsqualität für Fußgänger erwarten. Wie Beispiele in anderen Städten zeigen, beleben Fußgängerzonen die Ortszentren und – trotz anfänglicher Bedenken von Geschäftsinhabern – auch das Einkaufsverhalten.

Notwendige Voraussetzung für eine funktionierende Fußgängerzone wäre ein begleitendes Verkehrskonzept für den motorisierten Verkehr und die Schaffung ausreichender Parkplätze in Nähe der Zone. Expertenvorschläge dafür liegen schon seit längerem auf dem Tisch bzw. in den Schubladen der Gemeinde.

Hofwirt

Will man an der Begegnungszone festhalten und sie ihrem eigentlichen Zweck, nämlich der stressfreien Begegnung von Verkehrsteilnehmern zuführen, dann sollte man eine Idee ins Auge fassen, die aufs Erste überraschend und radikal anmuten mag, aber langfristig eine deutliche Aufwertung des Zentrums bringen würde. Die Gemeinde ist seit kurzem Eigentümerin des Hofwirts samt angrenzendem Areal. Das Gebäude ist zwar alt, steht aber mangels besonderer Merkmale nicht unter Denkmalschutz. Über die zukünftige Nutzung besteht noch Unklarheit, was ein Indiz dafür ist, dass offensichtlich kein dringender öffentlicher Bedarf an diesem Haus erkennbar ist. Wollte man das Haus zeitgemäß verwenden, besteht ein hoher Sanierungsbedarf. Allein für Umplanungsarbeiten wurde bereits ein Betrag von € 200.000,- budgetiert! Die tatsächlichen Sanierungskosten werden bis zu 1 Million Euro geschätzt. Unter diesem Umständen fände ich es wert zu überlegen, das Haus abzureißen und den dadurch gewonnenen freien Platz zum Kernstück einer echten Begegnungszone zu machen (als Beispiel mag Eugendorf dienen, wo im Ortszentrum ein jahrhundertealtes Bauernhaus von der Gemeinde gekauft und abgerissen wurde, womit Platz für eine zeitgemäße und offene Gestaltung des Ortszentrums geschaffen wurde). Wenn es gelänge, das ebenfalls schon in die Jahre gekommene Gebäude dahinter zu erwerben, ließe sich der Platz bis zum Markterbach ausdehnen. Seekirchen hätte damit endlich einen zentralen und attraktiven Platz, der zum Verweilen, Flanieren und Einkaufen einlädt. Die gesamten Kosten für Abbruch und Platzgestaltung würden voraussichtlich geringer sein als die Sanierung des Hofwirtgebäudes.

Ortsverschönerung und Kosten

Wenn die „Begegnungszone“ ohne Änderung der Verkehrssituation umgesetzt wird, dann läuft sie im Wesentlichen auf eine Ortsbildverschönerung und die Reduzierung von Barrieren (Gehsteigkanten) hinaus. Das sind durchaus positive Effekte. Rechtfertigt dieser eingeschränkte Zweck die hohen Kosten? In der ursprünglichen Schätzung betrugen die Kosten €_600.000,-. Das billigste Anbot nach der Ausschreibung lag bei € 940.000,-. Nachdem im Zuge einer neuen Ausschreibung diverse Leistungen wie Pflasterungen, Sitzbänke, Blumentröge etc. (vorerst) eingespart worden sind, belaufen sich die Kosten nunmehr auf €_800,000,-. Das ist noch immer ein Drittel mehr als budgetiert. Ob es dabei bleibt, wird sich zeigen. Jedenfalls viel Geld für ein Stück Ortsverschönerung!

Eine billige Retourkutsche für die kritische Haltung der LeSe zum Kauf des Hofwirtes leistete sich die Bürgermeisterin mit Unterstützung ihrer FPÖVP-Koalition. Da bei der Beschlussfassung über den Kauf des Hofwirtgebäudes nicht klar war, was man damit machen werde, wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, deren Mitglieder von den Fraktionen der Gemeindevertretung zu nominieren waren. Als die LeSe einen parteiunabhängigen Experten nominierte, wurde dieser mit der bemerkenswerten Begründung abgelehnt, dass er nicht Mitglied der LeSe-Liste sei! Parteipolitik geht offensichtlich über Sachverstand. Die LeSe ist daher in der Arbeitsgruppe nicht vertreten. Dafür haben wir uns die Gedankenfreiheit bewahrt.

Wir sind an Ihrer Meinung interessiert, schreiben Sie uns unter office@lese-seekirchen.at.