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Bild: Hans Christian Moser

Der Hofwirt: Vom Prestigeobjekt zur Pleite

Wenn eine Gemeinde mit Steuergeldern ein privates Wirtshaus kauft und aufwendig saniert, dann sollten ein ausreichender Grund und ein ausgereiftes Konzept zugrunde liegen. Ansonsten sollte man es wie bisher privaten Unternehmern überlassen.

Als das Hofwirtgebäude im Jahr 2015 von der Gemeinde auf Betreiben der damaligen Bürgermeisterin gekauft wurde, geschah dies ohne jegliches Konzept für die zukünftige Verwendung. Der Kauf war primär eine Prestigeangelegenheit der Bürgermeisterin. Die Vorstellungen über die mit dem Kauf verbundenen Kosten waren entweder naiv oder wurden der Öffentlichkeit bewusst zu niedrig präsentiert. Von Kosten in Höhe einer Million Euro war beim Ankauf die Rede, vor der Abstimmung über das von der LeSe initiierte Bürgerbegehren sprach die Bürgermeisterin von maximal 2 Millionen Euro, am Ende wurden es mehr als 3 Millionen.

Als Verwendungszweck blieb mangels Alternativen ein Wirtshausbetrieb übrig. Die Suche nach einem Pächter gestaltete sich aufgrund der Kostensituation schwierig, da aus steuerlichen Gründen eine bestimmte Mindestpacht verrechnet werden musste. Obwohl die Gemeinde dem Pächter im Rahmen des Möglichen durch finanzielle Zugeständnisse entgegenkam, meldete dieser nach gut einem Jahr Konkurs an.

Für eine öffentliche Verwendung des Gebäudes

Bevor man wieder auf die Suche nach einem Wirtshausbetreiber geht, sollte die Gelegenheit genutzt werden, ohne Scheuklappen darüber nachzudenken, ob es nicht bessere Nutzungsmöglichkeiten gäbe als ein privat geführtes Wirtshaus. Was liegt eigentlich näher, als dieses Haus der Öffentlichkeit, das heißt den Bürgern, die es mit ihren Steuern finanziert haben, zur Verfügung zu stellen? Das Haus könnte im Sinne einer sozialen Begegnungsstätte die Belebung des Ortszentrums stärken. Der Vorgarten könnte in die (verkehrsberuhigte) Begegnungszone einbezogen werden (s. dazu den Beitrag über Begegnungszone - Fußgängerzone). Ideen dafür gäbe es viele, wie etwa eine Greißlerei für Regionalprodukte (Bioladen, Direktvermarktung), Stehcafe, Ausstellungsmöglichkeiten für Kleinkultur und Kleinkunst, Bibliothek mit Leseraum, Geschichte-/Heimatmuseum, Dritte-Welt-Laden, Infostelle für Besucher von Seekirchen ...

Die Räumlichkeit im Obergeschoß könnte als Veranstaltungszentrum für Vereine und andere Organisationen zur Verfügung stehen.

LeSe und SPÖ haben die hier beschriebene öffentliche Nutzung in der Gemeindevertretung vorgeschlagen. Von den anderen Parteien wurde dieser Vorschlag mit dem Hinwies auf eine steuerliche Nachzahlung abgewiesen. Es ist richtig, dass bei einer nicht-gewerblichen Nutzung die Gemeinde die bei der Sanierung angefallene Umsatzsteuer in Höhe von rund € 500.000,- zu tragen hätte. Dennoch: Die Insolvenz des bisherigen Pächters, die unsichere Überlebensfähigkeit des Betriebes und der Vorteil einer bürgernahen Verwendung dieses Hauses sprechen dafür, diese zusätzlichen Kosten einmalig aufzuwenden und damit für immer freie Hand bei der zukünftigen Verwendung des Gebäudes zu haben.

Bürgerrat als Entscheidungshilfe

Die LeSe ist der Auffassung, dass die Bürger stärker in politische Entscheidungsprozesse eingebunden werden sollen. Es muss nicht immer ein Bürgerbegehren sein. Nach § 20 der Gemeindeordnung kann die Gemeindevertretung die Einrichtung von Bürgerinnen- und Bürgerräten zu bestimmten Themen beschließen. Die Mitglieder werden im Zufallsverfahren ausgewählt, sie diskutieren die Fragestellung und erstellen dazu einen Bericht. Der Vorteil dieses Instrumentes liegt darin, dass die Bürgerräte aus dem Volk kommen und keiner Partei oder Interessenlobby verpflichtet sind.

Die Aufwertung des öffentlichen Raums, im Besonderen die Belebung des Ortszentrums ist ein entscheidender Faktor für die positive Identifikation der BewohnerInnen mit ihrem Ort. Je besser die Bevölkerung eingebunden ist, desto besser gelingt diese Identifikation.

Es wäre daher mehr als nur einen Versuch wert, die Frage der zukünftigen Nutzung des Hofwirtgebäudes im Lichte einer Stärkung des Ortszentrums einem Bürgerrat zur Behandlung zu übergeben. Ein bürgernaher Bürgermeister sollte sich dieser Möglichkeit nicht verschließen.