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Bild: Hans Christian Moser

Rechnungshofbericht zum Hofwirt

Zuerst überlegen, dann entscheiden

Der Bericht des Rechnungshofes (RH) zu Ankauf und Sanierung des Hofwirtgebäudes offenbart Planlosigkeit, Falschinformationen und ein Fiasko im Kostenmanagement.

Im Folgenden fassen wir zentrale Fakten samt den seinerzeitigen Stellungnahmen der LeSe einerseits und die Kritik des RH andererseits (im Text kursiv gedruckt) zusammen.

Kaufentscheidung und Kaufpreis

Mitte 2014 wurde bekannt, dass der Hofwirtbesitzer zahlungsunfähig sei und das Haus zum Verkauf anbiete. Ohne Kenntnis des Zustandes und des Verkehrswertes des Gebäudes begann die damalige Bürgermeisterin Mag. Schwaiger (Bgm.), dem Besitzer Kaufanbote zu unterbreiten, und zwar im November 2014 um € 515.000,- und im Dezember um 530.000,-.

Auf Verlangen der LeSe wurde schließlich ein Gutachten über den Wert des Objekts eingeholt. Darin wurde der objektive Wert mit € 490.000,- beurteilt. Ohne ersichtlichen Grund erhöhte die Bgm. das Kaufanbot auf € 550.000,- (dieser Betrag entsprach der offenen Forderung der lokalen Bank gegenüber dem Verkäufer).

Vor der Beschlussfassung in der Gemeindevertretung am 19.2.2015 ver- langte die LeSe (GV Norbert Weiss), folgende Punkte zu klären: Angemessenheit des Kaufpreises, Nutzungskonzept, die Höhe der dafür notwendigen Investitionen und eine Abwägung, ob ein ausreichendes öffentliches Interesse vorliege, das diese unerwartete große Investition rechtfertige.

Die Kaufentscheidung erfolgte, ohne auf diese Kriterien einzugehen.

Rechnungshof:
Der RH kritisiert, dass die Stadtgemeinde Seekirchen Kaufangebote für die Liegenschaft Hofwirt abgab, ohne zu diesem Zeitpunkt über ein Wertgutachten zu verfügen und eine Bedarfsanalyse durchgeführt zu haben. Er weist kritisch darauf hin, dass die Stadtgemeinde Seekirchen für den Hofwirt einen Kaufpreis bezahlte, der um 53.500 EUR bzw. 11 % über dem Verkehrswert lag.

Der RH kritisiert, dass die Stadtgemeinde Seekirchen das Objekt Hofwirt vor der Sanierung keiner vollständigen Bestandsaufnahme unterzog. Dies führte zu Kostensteigerungen von mehr als 100 % für einzelne Gewerke. Er hielt fest, dass die im Vergleich zum Wertgutachten erfolgte Überzahlung in den vorgelegten Protokollen weder mit der Dringlichkeit des Ankaufs noch mit der Existenz weiterer Kaufinteressierter begründet war. Eine Begründung für die Höhe des Angebotes erfolgte nicht.

Der RH empfahl, vor Beginn von Sanierungsmaßnahmen eine vollständige Bestandsaufnahme des Gebäudezustandes durchzuführen, um im Laufe der Gebäudesanierung unerwartet hohe Kostensteigerungen zu vermeiden.

Nutzungskonzept

Der Kauf erfolgte ohne Klarheit darüber, wofür das Haus verwendet werden solle und welcher Nutzen der Gemeinde daraus entstünde. In einer Fraktionsführerbesprechung vom 22.12.2014 gab die Bgm. zu, dass „ein Nutzungskonzept erst nach dem Kauf erstellt werden solle“. Die LeSe vertrat die Auffassung, dass es jedenfalls nicht Aufgabe der Gemeinde sei, an einem privatwirtschaftlichen Unternehmen wie einem Wirtshaus mit Steuergeldern mitzuwirken.

„Mangels Nutzungskonzept und mangels Höhe der Investitions- und Folgekosten könne daher nicht beurteilt werden, ob dieses Engagement der Gemeinde im öffentlichen Interesse ist“ (Protokoll der GV vom 19.2.15).
Bezüglich der Notwendigkeit eines Veranstaltungssaales wurde auf die bestehenden Möglichkeiten im Ort verwiesen.

Rechnungshof:
Dem Projekt Hofwirt lag keine Kosten–Nutzen–Analyse zugrunde.
Der RH empfiehlt, vor Investitionsentscheidungen umfassende Kosten–Nutzen–Überlegungen anzustellen bzw. alternative Szenarien zu prüfen.
Zum Hinweis der Stadtgemeinde, einen Veranstaltungssaal für die Bevölkerung erhalten zu wollen, merkt der RH an, dass sowohl ein privater Veranstaltungssaal in einem zentral gelegenen Gasthof in Seekirchen als auch ein Veranstaltungszentrum für bis zu 900 Personen in einer Nachbargemeinde vorhanden waren.

Kostenplanung und Sanierungskosten

Der Amtsbericht über den Ankauf des Objektes erwähnt mit keinem Wort die Höhe der zusätzlichen Investitionskosten. Diese wurden von der Bgm. zunächst mit etwa € 450.000,- (!) beziffert, sodass es einschließlich des Kaufpreises zu einer Budgetbelastung von insgesamt 1 Million Euro kommen würde.

Am 28. Jänner 2016 berichtete die Bgm. der Gemeindevorstehung, dass die Baukosten 1,2 Mio Euro betragen würden. Diese Zahl war schon damals erkennbar falsch. Unter Hinweis auf Fachgutachten informierte die LeSe im Lesestoff 1/2016, dass die Kosten der Sanierung realistischerweise 2,5 Mio verschlingen würden.

Letztendlich betrugen die Sanierungskosten 2,6 Mio (wobei die erheblichen Leistungen der Bauhofmitarbeiter darin nicht enthalten sind) und die Gesamtkosten € 3,2 Mio.

Rechnungshof:
Der RH kritisiert, dass die abgerechneten Baukosten für die Sanierung des Hofwirts um knapp 1 Mio. EUR (77 %) über den geschätzten Kosten vom Jänner 2016 lagen. Der RH empfiehlt, beim Bauen auf fundierte Planungsgrundlagen und Planungen zu achten, um das Risiko von Kostenüberschreitungen zu minimieren. Der RH verweist in diesem Zusammenhang auf seine Empfehlung zur vollständigen Bestandsaufnahme des Gebäudezustandes vor Baubeginn.

Der RH empfiehlt, in Sitzungen der Gemeindegremien über Kosten und ihre Zusammensetzung klar und vollumfänglich zu informieren.

Projektmanagement, Überschreitung der Befugnisse der Bgm. und falsche Information an Gemeindevertreter

Die Bgm. vergab das Baumanagement freihändig, d.h. ohne Vergleichsangebote, an eine ihr bekannte Firma. Der Auftragswert wurde mit € 25.000,- angegeben. Tatsächlich betrug das Honorar letztendlich jedoch € 81.000,- , wofür die Zustimmung der Gemeindevorstehung erforderlich gewesen wäre, was von der Bgm. gesetzwidrig ignoriert wurde.

Rechnungshof:
- Der RH kritisiert, dass die abgerechneten Baukosten für die Sanierung des Hofwirts um knapp 1 Mio. EUR (77 %) über den geschätzten Kosten vom Jänner 2016 lagen.

- Der RH kritisiert, dass die Stadtgemeinde Seekirchen Leistungen für das Projektmanagement ohne Einholung von Vergleichsangeboten beauftragte.

- Der RH kritisiert, dass die Stadtgemeinde Seekirchen trotz eines Auftragswertes von rd. 81.000 EUR für das Projektmanagement des Hofwirtes keinen Beschluss der Gemeindevorstehung einholte.

- Er kritisiert weiters, dass die Stadtgemeinde Seekirchen Mängel im Vergabeverfahren nicht erkannte bzw. billigte. Der RH empfiehlt, zumindest die Eckpunkte der Ausschreibungsunterlagen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.

Das Pachtzinsdilemma

Der Pachtzins darf aus steuerlichen Gründen nicht unter einem Mindestwert liegen, da ansonsten die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs für die Sanierungskosten in Höhe von rund € 600.000,- verloren ginge. Laut Gastronomiegutachten ist dieser Mindestwert vom Pächter jedoch nicht zu erwirtschaften. Andererseits reicht er nicht aus, um die Investitionskosten von € 3,2 Mio. in wirtschaftlich angemessener Zeit zurückzuerwirt- schaften.

Rechnungshof:
Der RH weist darauf hin, dass der ab März 2020 wertgesicherte Jahrespachtzins in Höhe von 46.800 EUR exkl. USt nicht ausreicht, um die Investitionskosten von 3,17 Mio. EUR in wirtschaftlich angemessener Zeit zurückzuerwirtschaften. Der RH hält kritisch fest, dass die Stadtgemeinde Seekirchen keine umfassende Kosten–Nutzen–Überlegungen insbesondere aus wirtschaftlicher Perspektive und Sicht der örtlichen Gemeinschaft zur beschlossenen Nutzung des Hofwirtes anstellte.

Bitte lesen Sie weiter: "Was wir aus der Causa Hofwirt mitnehmen können".