Letzte Aktualisierung:

Für mehr Bürgernähe in Bauverfahren

Alois Federsel
Alois Federsel Bürgernähe

Aus Betroffenen Beteiligte machen (*)

Es ist nicht der erste Fall, dass betroffene Anrainer darüber klagen, dass sie in einem Bauverfahren auf dem Nachbargrundstück keine Informationen bekommen und sie vom Verfahren ausgeschlossen werden. Seit 2014 können übergangene Nachbarn Beschwerde beim unabhängigen Verwaltungsgericht erheben. Von dieser Möglichkeit machten die Anrainer in einem konkreten Fall Gebrauch – und bekamen Recht. Jenes Recht, das ihnen von der ÖVP-Bürgermeisterin als Baubehörde verwehrt wurde.

Es fing damit an, dass die Baubehörde auf dem Nachbargrundstück eine dichtere Verbauung gestattete als im gültigen Bebauungsplan vorgeschrieben war. Der Einwand der Anrainer wurde mit dem Hinweis weggewischt, dass sie kein Einspruchsrecht hätten. In der Sprache des Baurechts: keine „Parteistellung“.

Als aufgrund der engen Verbauung der Nachbargrund im Zuge des Kelleraushubes nachgab und sich senkte, wurde das Bauprojekt vom Bauherrn kurzerhand geändert. Ein neues Bauverfahren wäre notwendig gewesen – mit Beteiligung der Anrainer. Die Baubehörde sah geflissentlich darüber hinweg und nahm damit den Anrainern die Möglichkeit der Akteneinsicht und Stellungnahme.

Nach Fertigstellung des Haues errichteten die Bauherrn ohne baurechtliche Genehmigung unmittelbar an der Nachbargrenze (!) eine Stahlkonsole, an der eine Luftwärmepumpe angebracht wurde. Auf den Hinweis der Anrainer antwortete die Bürgermeisterin zunächst, dass für diese Anlage keine baurechtliche Genehmigung erforderlich sei. Als sich diese Auffassung als unhaltbar herausstellte, leitete die Baubehörde zwar ein Verfahren ein, verweigerte jedoch den Nachbarn jegliche Parteienrechte, wie das Recht auf Information und Akteneinsicht, das Recht auf Gehör und auf Teilnahme an der Bauverhandlung.

Die Anlage wurde genehmigt, ohne dass die Anrainer davon in Kenntnis gesetzt wurden. Ihre Berufung wurde - wie in solchen Fällen üblich – von der Gemeindevertretung abgelehnt. Als Einzige kämpften die Gemeindevertreter der LeSe dafür, dass die betroffenen Anrainer dem Verfahren beigezogen werden.

Die Gewährung von Verfahrensrechten an Anrainer, deren Interessen unmittelbar betroffen sind, ist nicht nur gesetzlich geboten. Es geht hier auch darum, dass mögliche Konflikte rechtzeitig und einvernehmlich gelöst werden. Betroffene auszuschließen mag zwar kurzfristig für die Baubehörde einfacher sein, weil sie sich nicht mit Einwänden auseinandersetzen muss, löst aber, längerfristig gedacht, keine Probleme. Eine kluge Verhandlungsführung würde darauf achten, Gespräche mit allen Betroffenen zu führen und damit Konflikte zu entschärfen. Die Einstellung, Bürger vom Verfahren und von Entscheidungen auszuschließen, sollte eigentlich der Vergangenheit angehören. Sie steht im Gegensatz zu einer bürgernahen Politik, wie sie von der LeSe immer wieder eingefordert wird.

Wie erwähnt, hob das Gericht den Bescheid der Gemeinde wegen Rechtswidrigkeit auf und entschied, dass die Anrainer ein Recht haben, sich am Verfahren zu beteiligen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass durch die Missachtung von Abstandsbestimmungen und durch Lärmemissionen, die das ortsübliche Maß übersteigen, die Interessen der Nachbarn betroffen sind und möglicherweise verletzt werden. Eigentlich logisch. Bedauerlich ist nur, dass erst ein Gericht angerufen werden muss, damit Bürger zu ihrem Recht kommen.

Das Salzburger Verwaltungsgericht hat angesichts der klaren Rechtslage eine Berufung („Revision“) an den Verwaltungsgerichtshof nicht zugelassen. Anstatt die Entscheidung zur Kenntnis zu nehmen und die Anrainer endlich zur Teilnahme am Verfahren einzuladen, will die Bürgermeisterin beim Verwaltungsgerichtshof dennoch einen Antrag einbringen, eine Revision doch zuzulassen. Ein aussichtsloses Unterfangen. Es kostet den Steuerzahler nur Geld. 

(*) Robert Jungk