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Zersiedle sich wer kann

Rupert Freundlinger
Rupert Freundlinger Umwelt

Ein Bauernhaus, ein Weiher und zwei Handvoll Einfamilienhäuser. In Seekirchen wird so etwas als „bestehende Siedlungsstruktur“ bezeichnet – daher könne man, so die Argumentation, diese Siedlung ruhigen Gewissens erweitern. Frei nach dem Motto: Wo ohnehin schon etwas steht, kann auch noch mehr gebaut werden. Doch die Sache hat schon einen Haken: Wenn die Gemeindeverantwortlichen jedes Mal in dieser Art argumentieren, wird Seekirchen, das ohnehin schon aus historischen Gründen sehr zersiedelt ist, noch mehr zum Fleckerlteppich werden

Zum Teil wird diese Verbauung mit Baulandsicherungsmodellen begründet, basierend auf sogenannten Raumordnungsverträgen. Durch diese Verträge haben Grundbesitzer die Möglichkeit, ihr Grünland, das ansonsten kaum eine Chance auf Umwidmung in Bauland hätte, von der Gemeinde umgewidmet zu bekommen. Als Gegenleistung erwartet sich die Gemeinde allerdings, dass die Grundstücke, sobald aufgeschlossen, zu günstigen Konditionen an Einheimische weitergegeben werden.

Grundsätzlich ist dieses Konzept positiv, solange dies zentrumsnah passiert, doch die Schaffung oder Erweiterung von ruralen Siedlungen bringt jede Menge negativer Auswirkungen mit sich: Die komplette Infrastruktur muss an jedem dieser „Fleckerl“ neu geschaffen oder ausgebaut werden, von Schulbus bis Kanal über Straßenerhaltung oder Schneeräumung. Hier hat es Seekirchen mit seiner Fläche von über 50km2 ohnehin schon schwer, und mit jeder Zersiedelung wird dem Steuerzahler mehr Last aufgebürdet. Immer mehr höchst wertvolles Ackerland wird versiegelt. Ganz zu schweigen von den ökologischen Langzeiteffekten: zusätzlicher Autoverkehr in jeder Lebenslage, da eine öffentliche Verkehrsanbindung mit Ausnahme des Schulbusses nicht gegeben ist.

Anhand der Beispiele der Seekirchner Baulandsicherungsmodelle verwundert es nicht, dass Österreich Europameister in der Bodenversiegelung ist – jeden Tag werden 20 Fußballfelder zubetoniert. Davon hat jede/r mittelweile schon einmal gehört, vor allem für die politisch Verantwortlichen ist das nichts Neues. Doch warum ändert sich dann daran nichts? Ganz einfach: weil jede/r BürgermeisterIn selber entscheiden kann. – Die übergeordneten Landesregierungen nicken meist alles brav durch. So kann sich nun jede Gemeinde Baulandsicherungsmodelle in abgelegenen Gegenden schaffen, die für den Einzelnen zwar zunächst günstiger, für die Gesellschaft und langfristig auch für den Wohnungsbesitzer jedoch deutlich teurer kommen. Und diese Einzelentscheidungen in den Gemeinden kann man dann auf ganz Österreich aufrechnen.

Die erwähnten Folgen für Umwelt und Gesellschaft sind das eine, dazu kommt aber, dass die Raumordnungsverträge völlig unterschiedlich ausfallen – je nachdem, wie gut der Grundbesitzer mit der Gemeinde verhandelt. Da kann es schon vorkommen, dass ein Grundeigentümer mehr als die Hälfte seiner nun in Bauland umgewidmeten Wiese selbst veräußern kann, während die eigentliche Absicht, nämlich dass die Gemeinde Bauland an junge SeekirchnerInnen vergeben kann, nur weniger als die Hälfte der umgewidmeten Fläche ausmacht. Der Vollständigkeit halber muss hier angeführt werden, dass die Grundlage hierfür noch von der Alt- Bürgermeisterin im Rahmen des Räumlichen Entwicklungskonzeptes getroffen wurde, umgesetzt wird diese unkontrollierte Zersiedlung aber von ihrem Nachfolger in der aktuellen Legislaturperiode.

Es läuft also vieles falsch – doch außer uns scheint es niemanden zu stören – alle anderen Parteien tragen das in der Regel unkommentiert mit.